Große und kleine Hilfen im Alltag

Der Alltag von Familien mit Kindern in schwieriger Ernährungssituation ist vor allem durch eins geprägt: die Nährstoffaufnahme und die Verwertung der Nährstoffe. Ein Großteil der Kinder wird durch Pumpen ernährt – sei es über einen zentralvenösen Katheter mit parenteraler Ernährung oder über eine Magensonde durch enterale Ernährung. Dazu kommt bei den Kindern mit Kurzdarmsyndrom oft eine flüssigere Stuhlausscheidungen, die zu Entzündungen führen kann oder bei Kindern mit Motilitätsstörungen ein Anus Präter, ein künstlicher Darmausgang. Hier findet ihr einige Tipps, die sich genau darum drehen, aber auch darüber hinaus gehen. Seht selbst!

Ernährung

Die Ernährung ist ein sehr komplexes Thema für unsere Kids und Erwachsenen. Oft ist eine mehr oder weniger strenge Diät erforderlich und die Palette an Babynahrung und hochkalorischer Shakes für ältere ist schier unerschöpflich. Aus diesem Grund gibt es ein extra Infoblatt (K.i.s.E.- Ernährungstipps) das ihr bei uns anfragen könnt. Oft liegt neben den Schwierigkeiten der richtigen Nahrung eine Essstörung oder Fütterstörung bei unseren Kindern vor. Eine gute Ernährungsberatung und Logopädie heimatnah sind hier natürlich Gold wert. Aufgrund positiver Rückmeldungen unserer Mitglieder können wir drei Stellen zur Sondenentwöhnung und Behandlung einer Futterstörung empfehlen: Markus Wilken , No-tube und Frau Jotzo und ihr Team in Darmstadt.

Hygiene

Für Kinder mit einem zentralvenösem Katheter ist schon das tägliche Waschen ein Thema, da die Eintrittsstelle und das Katheterende nicht nass werden dürfen. Neben den herkömmlichen Tipps einen Stomabeutel oder ein Folienpflaster von der Rolle als Feuchtigkeitsbarriere einzusetzen, empfehlen unsere Mitglieder zum Baden, Duschen und Schwimmen das Exit-Pocket WP von USMed; ein großes Stück Lebensqualität für die ganze Familie. Zu den umfangreichen Themen Katheterpflege und Gastrotubepflege bieten wir in regelmässigen Abständen unsere online Treffen an, oder ihr könnt entsprechende Artikel in unserem K.i.s.E.-Blatt finden. Ein übersichtlicher dauerhafter Arbeitsplatz bei dem alle Hilfsmittel schnell zugänglich sind, hilft, ist aber nur bei ausreichendem Platz leicht einzurichten. Für die Sicherung des Katheter während dem Spielen, Krabbeln oder im Schulalltag gibt es viele Möglichkeiten. Unsere Mitglieder benutzen z.B. KoalaBag, GUS West, Care-a-line oder einfach einen Trikodurschlauch. Auf der Homepage Etsy gibt es einige Angebote zur erleichternden Versorgung von Kindern mit Hickmankatheter, Gastrotube/PEG oder Anus Präter (AP).

Trotz der Sauberkeit können die aggressiven Stuhlgänge unserer Kinder zu wunder Haut am Po (oder ums Stoma) führen. Hier sind die häufigsten und erfolgsversprechensten Methoden: Schwarzteetinktur, Heilwolle, Zinkcremes und als spezielles Produkt bei sehr schwerwiegenden Fällen kann man Ilex Salbe ausprobieren. Generell empfiehlt es sich die wunde Haut so lange wie praktikabel offen an der Luft zu lassen, auch das hilft bei der Heilung ist aber natürlich schwer in den Alltag zu integrieren. In der Nacht empfiehlt es sich, neben extra saugfähigen Windeln und Windeln in extra großen Größen und Bettunterlagen (beides verordnungsfähig !), was sowohl durch erhöhte Urinproduktion als auch durch flüssigeren Stuhl notwendig sein kann, für die eigene Bettruhe einen Satz Bettwäsche schon bereits bezogen bereit liegen zu haben. Einige Familien in unserem Verein haben extra Pflegebetten. Die Angst, dass Kleinkinder sich die Leitungen um den Hals wickeln oder gar irgendwo rausziehen, kann z.B. durch Schlafsäcke mit einer Öffnung nach unten minimiert werden. Manche Familien schwören nachts auf den Infusionsständer neben dem Bett und andere stellen den Rucksack an ein Ende des Betts.

Arztbesuche/Krankenhausaufenthalte

Zu unserem Alltag zählen ausserdem Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte. Hier gibt es zum einen viele neue digitale Entwicklungen und neben dem elektronischen Rezept wird die elektronische Patientenakte sich immer weiter verbreiten. Diese ermöglicht es euch z.B. Einblick in eure Abrechnungsdaten und Behandlungshistorie zu bekommen. Gerade wenn regelmässig unregelmässig extra Infusionen gegeben werden müssen (z.B. Eisen) kann man hier leicht und schnell einen Überblick gewinnen.

Habt ihr euch bei eurem Kinderarzt/Hausarzt oder der betreuenden Klinik schonmal den Medikamentenplan angefordert? Hierbei handelt es sich um eine digitale Speicherung der verschreibungspflichtigen und nicht verschreibungspflichtigen (den Eintrag müsst ihr aktiv einfordern) Medikamente die ihr oder euer Kind einnehmen muss und will. Besteht so ein Plan kann ein Notfallkrankenhaus oder ein Speziallist/neuer Arzt diesen ansehen und mögliche Wechselwirkungen oder Doppelverschreibungen können so verhindert werden. Ihr könnt euch zusätzlich den Medikamentenplan ausdrucken lassen. Neben der genauen Bezeichnung des Medikaments und des Wirkstoffs ist auch die Dosierung und Art der Anwendung aufgeführt.

Für die Anreise zur weit entfernte Spezialklinik oder zu einer besonderen Behandlung könnt ihr mal bei Flying Hope vorbei schauen. Hierbei handelt es sich um einen gemeinnützigen Verein mit vielen ehrenamtlichen Piloten, die schwer kranken Kindern eine Freude bereiten wollen und eine zuweilen beschwerliche Anreise in ein aufregendes Flugabenteuer verwandeln können.

Kinderbetreuung, Kindergarten und Schule

Wenn beide Eltern weiter arbeiten wollen, auch halbtags, wird schon die Aufnahme des Kindes in eine Kita oder später dann in den Kindergarten eine Herausforderung. Neben Integrationsplätzen und Heilpädagogischen Kindergärten haben nicht viele Kinderbetreuungsstätten ausreichen Personal, um ein Kind das etwas mehr Aufwand benötigt, aufzunehmen. Gesetzlich steht es uns jedoch zu. Wird eine Begleitung benötigt, dann sind hierfür die Krankenkasse oder die entsprechende Behörde bei Stadt und Land zuständig. Bitte informiert euch vorab in welche Richtung die zusätzliche Versorgung geht, damit die zwei Kostenträger sich nicht gegenseitig die Verantwortung zuschieben können.

Welche Schule besucht werden kann und welche Wahlmöglichkeiten es gibt regeln die Schulgesetze der Länder. Die Schulbehörde klärt welche Schule ein Kind besucht. Dies geschieht meist über a) die Feststellung des Förderbedarfs und b) die Feststellung der sachlichen und personellen Ausstattung der gewählten Schule. Die Schulbegleitung ist eine Leistung der Eingliederungshilfe und stützt sich auf die Bedarfe. In den bundesweiten EUTB-Beratungsstellen erhaltet ihr einen guten Überblick über Hilfeleistungen, teilweise sind auch online-Beratungen möglich und einige Beratungsstellen sind auf die Bedürfnisse von Kindern & Jugendlichen spezialisiert. Sprecht uns bei Fragen hierzu gerne an.

Freizeit

Die Freizeitgestaltung jeder Familie ist natürlich individuell. Das Schwimmbad oder Meer ist durch die Exit Pocket WP Pflaster zu einem festen Bestandteil vieler Familien geworden und mit diesem Tipp getraut ihr euch vielleicht auch. Zum Ablösen des Pflasters empfiehlt sich Pflasterlöserspray; manche Familien benutzen sogar Waschbenzin. Immer auf die Eintrittsstelle achten und diese so steril und keimarm wie immer behandeln. Zur extra Sicherheit kleben viele vier Streifen Folienpflaster von der Rolle (muss nicht steril sein) um den Rand des Pflasters.

Außerdem möchten wir euch die Glücksritter vorstellen. Hier können betroffene Kinder und Geschwisterkinder das Reiten in ihrer Nähe kennenlernen und so vielleicht eine neues Hobby entdecken.

Für Urlaubs- und Erholungsreisen bieten wir natürlich mit der K.i.s.E. Ferienfreizeit ein tolles, attraktives Angebot selber an. Sollte jedoch die Zeit nicht passen, wollt ihr mal auf eine Segeltour gehen oder möchtet ihr als Familie eine Auszeit gemeinsam verbringen, dann guckt doch mal auf der Seite von Kindness for Kids vorbei; ein tolles Angebot für Menschen mit seltenen Erkrankungen. An dieser Stelle möchten wir euch außerdem auf die Kinderhospize in eurer Nähe aufmerksam machen. Kinder die lebensverkürzend erkrankt sind, sind von Anfang an (und nicht erst kurz vor dem Ende) dort herzlich willkommen. Viele Hospize bieten Freizeitangebote an und an anderen könnt ihr auch über mehrere Wochen eine Familienauszeit mit psychologischer und physiologischer Betreuung in Anspruch nehmen. Das ist eine gute Alternative zu Reha und Kur, bei denen die Plätze mit Kind mit zentralvenösem Katheter schwer zu bekommen sind.

Selbstpflege

Der Alltag mit einem pflegebedürftigem Kind im Haus, ist an sich schon anstrengender als mit einem Kind ohne pflegerische Bedürfnisse. Viele Familien versuchen zudem ihren Alltag so normal wie möglich zu gestalten; beide Eltern gehen arbeiten, die Kinder nehmen am Schwimmunterricht teil und übernachten bei Freunden um nur einige Beispiele zu nennen. Unter diesem Druck kann das Gleichgewicht in der Familie leicht aus den Fugen geraten, Geschwisterkinder werden mit weniger Aufmerksamkeit bedacht und besonders die Beziehung zum Partner/zur Partnerin und die Konzentration auf die eigenen Bedürfnisse kommen zu kurz. An dieser Stelle sind viele Kalendersprüche sehr wahr, aber die Umsetzung für einen selber leider nicht mit dem bloßen verstehen gekoppelt. “Ruhe/Ausruhen ist eine Notwendigkeit, die man sich nicht erst verdienen muß.” “Pausen und Fehler gehören dazu und man muß sich für beides nicht schuldig fühlen.” “Die eigene Lebenssituation zu akzeptieren und anzunehmen hilft uns die Dinge mit Freude und Liebe zu erledigen, anstatt mit Wut, Ärger und Hass.”

Um sich um sich selbst zu kümmern, muss man natürlich nicht gleich psychologische Hilfe in Anspruch nehmen, wenn man es geschafft hat seine eigenen Hobbys und Bedürfnisse, seine Beziehung und alle Kinder nicht aus den Augen zu verlieren. Manchmal kann es jedoch hilfreich sein mal darüber geredet oder nachgedacht zu haben. In einem guten Familienpaket kann man hier Familien Rehas nutzen und, wie oben erwähnt sind auch die Hospize genau für die ganzheitliche Familienbetrachtung aufgestellt. Bei einem Aufenthalt wird einem oft nicht nur Freizeit und Freizeitbeschäftigung angeboten sondern auch Einzelgespräche, Familiengespräche und Paargespräche.

Wenn man sich für eine psychologische Betreuung für dich selber und/oder sein Kind kümmert, trifft man sehr oft auf die erste Hürde der langen Wartezeit. Da wir nicht deutschlandweit Anlaufstellen auflisten können, wollen wir aber an dieser Stelle auf Angebote hinweisen, die diese Wartezeit verkürzen und eigentlich flächendeckend oder online in Deutschland angeboten werden. So bieten soziale Verbände, wie der Kinderschutzbund, der Deutsche Caritasverband, die Diakonie und andere, psychologische Beratungen an, die wir auch in Anspruch nehmen können wenn wir uns mit der Situation als Eltern von chronische erkrankten Kindern an unserer Grenze sehen. Dies geschieht erstmal in einer kleinen Anzahl von Gesprächen, kann aber schon viele neue Denkansätze und eine erste Erleichterung bringen. Daneben gibt es online b.z.w. telefonisch Beratung wie “Frag Oskar” vom Bundesverband Kinderhospiz und WEP-Care der Ulmer Onlineklinik. Junge Erwachsene, die selber betroffen sind, können den INSEA Selbstmanagement Kurs, online und kostenfrei, probieren.